Stress-Coach im Interview: Drei Tipps für mehr Gelassenheit
Als einer von Deutschlands bekanntesten Stress-Experten hat Christian Bremer im Interview mit der PKV-Mitarbeiterzeitschrift „leseStoff“ seine drei Top-Tipps gegen negativen Stress in Job und Privatleben verraten.
„Gut mit den eigenen Energiereserven haushalten“, „Nicht stressen lassen“, „Achtsam mit sich selbst umgehen“, diese Vorsätze sind zu Jahresbeginn natürlich wieder bei vielen Menschen präsent. Herr Bremer, haben Sie Tipps, wie man diese Vorsätze im Privat- und Berufsleben anhaltend und gut umsetzen kann?
Ich bin der Meinung, dass es grundsätzlich zwei mentale Grundzustände gibt. Ich bin entweder entspannt und gelassen oder ich bin gestresst und angespannt. Ich kann alles im Leben in diesen zwei Zuständen tun, aber natürlich läuft alles positiver, also energieschonender, im gelassenen Zustand. Das Gute ist: Ich entscheide selbst, in welchem Zustand ich mich befinde. Und in uns besteht eigentlich der Wunsch, nicht gestresst zu sein, ja man kann wohl sagen, glücklich zu sein. Das müssen wir uns aber immer wieder jeden Tag bewusst machen.
Und wenn wir nun diesen „Energiecheck“ an uns durchgeführt haben und herausfinden, dass unser mentaler Akku „Stress“ anzeigt, wie erreichen wir den gelassenen Zustand?
Ich habe drei Tipps. Erstens: Wir haben grundsätzlich für alles, was wichtig ist, ausreichend Energie, wenn wir Pause machen. Wir sind sehr gut darin, Leistung zu bringen, aber nicht gut darin, zu pausieren. Wir sollten in unserem Alltag mindestens dreimal pro Tag eine Minute einplanen. Der Timer am Handy kann daran erinnern. Dann setzen wir uns einfach eine Minute hin und fragen uns „Atme ich noch?“ und „Wie atme ich?“. So werde ich mir selbst bewusst, spüre mich einfach und kann aus dieser kleinen Zeitinsel erstaunliche Kraft schöpfen. Ich nenne es die MM-Methode, „Meine Minute“.
OK, das sollte zu schaffen sein. Wie sieht der zweite Tipp aus?
Wir verschwenden sehr viel Energie, wenn wir uns im Einflussbereich anderer Menschen bewegen. Im „Einflusszonencheck“ geht es darum, zu erkennen, ob wir uns in unserem Einflussbereich oder im Bereich einer anderen Person befinden. In meine eigene Einflusszone sollte ich Energie stecken. Mich mit einer Zone zu beschäftigen, die nicht meine ist und die ich nicht ändern oder kontrollieren kann, verschwendet Energie.
Wie soll ich mir das konkret vorstellen?
Wir sollten uns nicht lange damit aufhalten, dass ein anderer Kollege unpünktlich ist, dass ein Lieferant eine Ware nicht anliefert oder das Ersatzteil für die Maschine nicht vorrätig ist. Wir blicken direkt auf uns selbst und schauen, was wir nun selbst machen können, um die Situation zu ändern. Das führt uns direkt zur dritten Methode, die ich „Runter von der Palme“ nenne. Ärger und Aufregung sind nämlich ein Energiefresser. Um aus einem negativen Denkstrom zu kommen, rate ich, sich kurz innerlich seinen eigenen Vornamen zu sagen und ein Stopp hinzuzufügen: „Christian – Stopp“. Nun bin ich bereit, die Situation zu akzeptieren und kann im nächsten Schritt meine konkreten Optionen abwägen. Danach
komme ich in die Actionphase, ins konkrete, aber souveräne Handeln.
Wie können wir denn überhaupt unsere eigenen Energiereserven wahrnehmen?
„Akku leer, also Energie tanken“, schön wäre es, wenn wir mit unseren körperlichen und geistigen Reserven so einfach umgehen könnten. Wachen wir morgens ausgeruht auf, ist unser Akku eigentlich erstmal voll. Es geht im Arbeitsalltag natürlich darum, nicht zu schnell und zu viel Energie zu entladen und im besten Falle auch Energie durch das, was wir tun, aufzuladen. Einfacher schöpfen wir Energie aus Dingen, die uns Spaß und Genuss bieten, also aus der Erholungswelt. Aber wir leben natürlich in zwei Welten. Die Leistungswelt verlangt uns mit strikten Vorgaben, Zeitdruck, Terminen und Fristen einerseits viel Energie ab, andererseits sind Verantwortung, Anerkennung und Leistung auch Energiequellen. Und für bewusste Freude und Entspannung können wir in der Leistungswelt ebenfalls sorgen. Der Idealfall ist, diese beiden Welten in Einklang zu bringen und so für meinen ausgeglichenen mentalen Energiehaushalt zu sorgen.